Novelle der BbgBO
  • Realisierung
    2025
26.11.2025 ·

Die geplante Novelle der Brandenburgischen Bauordnung

Zwischen Erwartung und Realität: Was steckt wirklich dahinter?

Mit Spannung wird sie von Architekten, Planern und Bauherren erwartet – die Novelle der brandenburgischen Bauordnung.

Doch was bringt die Neuerung wirklich? Gelingt mit ihr der Bürokratie-Abbau? Oder verschiebt sie nur die Probleme? Zu diesem Thema hatte der Förderverein Baukultur Brandenburg gemeinsam mit Ganter Architekten am 18.11.2025 zu einem Fachgespräch mit Diskussion ins Stadthotel Bernau eingeladen. Wie groß das Interesse an dem Thema ist, zeigte sich an den vielen Besuchern, die unserer Einladung nach Bernau gefolgt sind.

Nach den einleitenden Worten des Vorsitzenden des Fördervereines Baukultur, Prof. Heinz Nagler, übernahm Reinhold Dellmann, ebenfalls Vorstandsmitglied des Fördervereines und Infrastrukturminister a. D. des Landes Brandenburg, die Moderation des Abends.

Warum so dringend etwas passieren muss, machte Urs Ganter im ersten Redebeitrag des Abends an Beispielen aus der Praxis deutlich. Er berichtete von Genehmigungsabläufen, die durch einen überkomplexen Prozess hinsichtlich der Vielfalt von auf Grund der aktuellen Gesetzeslage angeforderten Bauvorlagen, Monate oder sogar Jahre in die Länge gezogen werden, was zu schlechter Stimmung zwischen allen Beteiligten führt. Neben einer notwendigen Verschlankung der Regelungsdichte sollte auch das Verhältnis zwischen Planenden und den Behörden durch frühzeitige und regelmäßige Kommunikation verbessert werden. Gemeinsam zum Ziel zu kommen, müsse das Credo sein, so sein Fazit.

Die Novellierung der Bauordnung könne den Prozess in einigen Dingen verbessern, schätzt Urs Ganter ein. Eine Beschleunigung der Verfahren durch die rechtlichen Neuerungen oder signifikante Verfahrensvereinfachungen sehe sie aber leider nicht vor. Für wirklichen Bürokratie-Abbau werde das nicht ausreichen, ist er überzeugt.

Auch Prof. Dr.-Ing Bernhard Weyrauch, Dekan der Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung der BTU Cottbus-Senftenberg, blieb in seinen Ausführungen nur vorsichtig optimistisch bezüglich der geplanten Novellierung. Bereits mit der geplanten Änderung des Aufenthaltsraumbegriffs, der eng mit der Regelung des Vollgeschosses verwoben ist, wird die Prüfung eines Vollgeschosses eher komplexer statt einfacher. Eine geplante Umbauvorschrift folgt dem Vortrag von Weyrauch zufolge dem Gedanken, in Zeiten von knappen Wohnraum die Umwandlung von Gebäudeteilen in Wohnraum so gut es geht zu erleichtern, ohne diese Umbaupläne über Gebühr mit zu vielen Auflagen etwa aus Gründen des Brandschutzes (z.B. mit Blick auf das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen oder mit Blick auf Rettungswege) zu verbinden. Es sei grundsätzlich richtig, sich bietende Spielräume stärker als bislang auszuschöpfen. Allerdings scheint teils auch Nachbarstreit vorprogrammiert, etwa in den Fällen der geplanten Möglichkeit zur Aufstockung von Bestandsgebäuden, selbst wenn die Vorgaben des Abstandsflächenrechts nicht eingehalten werden (denn § 6 BbgBO soll keine Anwendung finden).

Bedenken äußerte Weyrauch im Zusammenhang mit geplanten wachsenden Zuständigkeit der Gemeinden im Zusammenhang mit der Prüfung von genehmigungsfreigestellten Bauvorhaben. Nach den aktuellen Novellierungsplänen soll die Bauherrin bzw. der Bauherr die erforderlichen Bauvorlagen direkt bei der Gemeinde einreichen, die dann die Voraussetzungen prüfen soll. Weyrauch bezweifelt, dass bei allen Gemeinden die dafür erforderliche Expertise vorliegt. Folge könnten Fehlentscheidungen oder auf den Umständen gemeindlicher Überforderung beruhende Verfahrensverzögerungen sein; denn immerhin soll die Genehmigungsfreistellung nach den aktuellen Plänen folgende Vorhaben einschließen:

  1. Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 einschließlich Nebenanlagen und Nebengebäude im Geltungsbereich eines qualifizierten oder vorhabenbezogenen Bebauungsplans,

  2. die Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu Wohnzwecken sowie die Errichtung von Dachgauben bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3, und zwar nicht nur innerhalb von qualifizierten und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen, sondern auch innerhalb des unbeplanten Innenbereichs nach § 34 BauGB,

  3. die Modernisierung und den Ersatz von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien (Repowering)

Die Gemeinde hat in diesen Fällen zu entscheiden, ob ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden muss oder nicht. Die Zeit für die Prüfung durch die Gemeinde ist knapp bemessen. Bereits einen Monat nach Eingang der erforderlichen Unterlagen darf mit dem Bauvorhaben begonnen werden. Sogar mit Blick auf Befreiungen (§ 31 Abs. 2 und 3 BauGB) soll künftig bei genehmigungsfreigestellten oder verfahrensfreien Vorhaben die amtsfreie Gemeinde oder das Amt als Sonderordnungsbehörde selbst entscheiden. Diese Aufgabe dürfte angesichts der jüngsten Änderungen im Baugesetzbuch zum sog. Bau-Turbo durchaus anspruchsvoll sein.

Im Weiteren folgten Vorträge von Andreas Rieger, Präsident der brandenburgischen Architektenkammer, sowie dem Vorstandsmitglied der Brandenburgischen Ingenieurkammer, Frau Sabrina Voigt, die ebenfalls beide Verbesserungs- bzw. Überarbeitungsbedarf am vorliegenden Novellierungsentwurf sehen. Konkrete Vorschläge wurden von beiden Kammern an das zuständige Ministerium übermittelt. Andreas Rieger verwies außerdem auf die aus seiner Sicht ungeklärte Frage, ob die bislang praxiserprobte und als wirkungsvoll eingeschätzte Konzentrationswirkung zukünftig entfallen beziehungsweise abgeschwächt werden soll. Die Konzentrationswirkung muss nach Ansicht Von Andreas Rieger zwingend erhalten bleiben.

Nach den Fachbeiträgen erfolgte dann unter Mitwirkung des Publikums eine rege Podiumsdiskussion, in der sich die Landtagsabgeordnete der SPD, Maxi Schmidt, den Fragen und Anregungen des Fachpublikums stellte. Frau Schmidt bedankte sich für die Anregungen und Beiträge der Experten und versicherte, diese in die noch folgenden Gesetzesberatungen mit einbringen zu wollen. Diskutiert wurden hier vor allem die Beibehaltung der Konzentrationswirkung, die Beschneidung der kommunalen Möglichkeiten zur Festsetzung einer Stellplatzsatzung für Wohnbauprojekte und die zusätzlichen personellen Belastungen der Gemeinden aufgrund der ihnen neu zugeordneten Prüf- und Entscheidungsprozesse.

Am Ende einer kurzweiligen und gelungen Veranstaltung waren sich die Beteiligten fast unisono einig, der große Wurf, den viele erwartet haben, ist die aktuelle Fassung zur Novellierung der Bauordnung in Brandenburg noch nicht!

 
 
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